Die Myasthenia gravis besser verstehen
Bei OptiMyG setzen wir uns dafür ein, die Zukunft der neuen MG-Patienten zu gestalten. Lassen Sie uns einen Blick auf diese Krankheit werfen.
Worin besteht der Bedarf an Forschung?
Wir führen diese Studie durch, um die Myasthenia gravis (MG) besser zu verstehen und die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern. Obwohl die derzeitigen Therapien die Symptome verbessern können, wirken sie nicht bei allen gleich gut und einige haben schwere Nebenwirkungen.
In unserer Studie wollen wir untersuchen, wie sich eine frühzeitige Behandlung mit immunsuppressiven Therapien wie Rituximab auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Wir wollen herausfinden, ob dadurch die Symptome gelindert, das Fortschreiten der Krankheit verhindert und die Notwendigkeit von Krankenhausaufenthalten verringert werden kann.
Wir analisieren auch die Rolle spezifischer Antikörper bei MG, um zu verstehen, wie sie sich im Laufe der Zeit verändern und wie sie auf die Behandlung reagieren. Dies könnte uns helfen, vorherzusagen, welche Behandlungen für einzelne Patienten in Zukunft am besten geeignet sind, und so einer personalisierten Behandlung der MG näher kommen.
Was ist myasthenia gravis?
Myasthenia gravis (MG) ist eine chronische autoimmune neuromuskuläre Erkrankung, die schwankende Muskelschwäche verursacht, vor allem in den Muskeln, die für Augenbewegungen, Gesichtsausdruck, Kauen, Schlucken und Sprechen verantwortlich sind.
MG ist eine seltene Erkrankung mit einer geschätzten Prävalenz von etwa 25 Fällen pro 100.000 Menschen. Es kann in jedem Alter auftreten, aber es ist häufiger in jungen Frauen und Menschen mit Alter mehr als 6o Jahren.
Es gibt verschiedene Arten von MG, nämlich:
- Frühes Einsetzen der MG: tritt vorwiegend bei Frauen auf, typische Manisfestation tritt zwischen 20 und 50 Jahren auf. Dieser Subtyp ist häufig mit einer thymischen Hyperplasie (Vergrösserung der Thymusdrüse) verbunden.
- Spät einsetzende MG (LOMG): Sie tritt häufiger bei Männern auf, beginnt in der Regel um das 70. Lebensjahr und ist im Allgemeinen nicht mit Thymusanomalien verbunden
Kennzeichnend für die MG ist eine zeitlich variable Muskelschwäche, die sich in Ruhe bessert und bei Belastung verschlechtert. Der klinische Schweregrad reicht von isolierten Augensymptomen wie hängenden Augenlidern (Ptosis) und Doppelbildern (Diplopie) bis hin zu einer generalisierten Muskelschwäche, die die Gliedmassen und die Atemmuskulatur betrifft und zu lebensbedrohlichen myasthenischen Krisen führen kann.
Die Krankheit beginnt oft mit einer Beteiligung der Augen- oder Gesichtsmuskeln, was zu Ptose, Schwierigkeiten bei der Mimik und Problemen beim Kauen oder Sprechen führt. Mit der Zeit kann die Schwäche auf andere Muskelgruppen übergreifen. Der Schweregrad der Symptome kann im Laufe des Tages variieren und durch Faktoren wie körperlichen oder emotionalen Stress, Infektionen oder bestimmte Medikamente verschlimmert werden.
Was ist bisher bekannt?
Die Schwäche bei MG entsteht, weil das körpereigene Immunsystem Antikörper produziert, die die Signale zwischen Nerven und Muskeln stören. Etwa 80 % der Menschen mit MG haben Antikörper gegen ein Protein namens Acetylcholinrezeptor (AChR), während kleinere Gruppen Antikörper gegen andere Proteine wie die muskelspezifische Kinase (MuSK) oder das Lipoproteinrezeptor-assoziierte Protein 4 (LRP4) haben. Einige Menschen, etwa 10-20 %, haben keine nachweisbaren Antikörper gegen diese bekannten Proteine und werden als „dreifach seronegative MG“ bezeichnet.
Die genaue Ursache der MG ist nicht bekannt, aber man vermutet, dass sowohl Vererbung als auch Umweltfaktoren wie Infektionen eine Rolle spielen
Aktuelle Behandlung
Cholinesterasehemmer werden häufig als Erstbehandlung eingesetzt, um die Symptome der MG durch Erhöhung des Acetylcholinspiegels zu lindern, doch ist in der Regel eine langfristige Immuntherapie erforderlich, um eine Verschlechterung zu verhindern. Kortikosteroide wie Prednisolon sind die erste Wahl für die Immunmodulation, aber ihre langfristige Anwendung verursacht oft schwere Nebenwirkungen. Daher werden häufig steroidsparende Medikamente wie Azathioprin und Mycophenolat eingesetzt, obwohl die wissenschaftliche Evidenz für diese Medikamente begrenzt ist. Leider bleibt dadurch ein grosser Teil der MG-Patienten mit erheblichen Restsymptomen zurück.
Biologische Behandlungen wie z. B. :
- Komplement-Inhibitoren (Eculizumab, Rvalizumab)
- Fc-Rezeptor-Blocker (Efgartigimod)
stehen nur als dritte Option für AChR-positive Patienten zur Verfügung, sind aber teuer und nicht immer allgemein zugänglich.
Rituximab, eine Therapie zur Verringerung der B-Zellen (eine Art weisser Blutkörperchen, die Antikörper produzieren), hat sich in ersten Studien als vielversprechend erwiesen, insbesondere bei MuSK-positiver MG, und kann bei frühzeitigem Einsatz das Risiko einer Verschlechterung der Symptome verringern.
Warum Rituximab?
Rituximab ist ein humanisierter chimärer monoklonaler Antikörper, d. h. er wurde durch die Kombination von menschlichen und nicht-menschlichen Bestandteilen so hergestellt, dass er sich spezifisch gegen ein Protein namens CD20 richtet, das auf bestimmten Immunzellen (B-Zellen) vorkommt. Rituximab wird seit langem zur Behandlung verschiedener lymphoproliferativer und Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Rituximab bei MG wurde in einer Reihe von Metaanalysen und randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Studien untersucht, wobei die Ergebnisse aufgrund heterogener Methoden und Studiendesigns widersprüchlich sind. Das Ziel unserer Studie ist es, herauszufinden, ob es ein Zeitfenster gibt, in dem die langfristige Krankheitslast durch eine frühzeitige Depletion von B-Zellen reduziert werden kann, um den Aufbau eines langlebigen Plasmazellpools zu verhindern, und Informationen über das langfristige Nutzen-Risiko-Verhältnis zu erhalten.
Unsere neuesten Veröffentlichungen:
- Álvarez-Velasco R, Dols-Icardo O, El Bounasri S, López-Vilaró L, Trujillo JC, Reyes-Leiva D, Suárez-Calvet X, Cortés-Vicente E, Illa I, Gallardo E. Reduced number of thymoma CTLA4-positive cells is associated with a higher probability of developing myasthenia gravis. Neurology: Neuroimmunology & Neuroinflammation. 2023 Jan 25;10(2):e200085.
- Caballero-Ávila M, Álvarez-Velasco R, Moga E, Rojas-Garcia R, Turon-Sans J, Querol L, Olivé M, Reyes-Leiva D, Illa I, Gallardo E, Cortés-Vicente E. Rituximab in myasthenia gravis: efficacy, associated infections and risk of induced hypogammaglobulinemia. Neuromuscular Disorders. 2022 Aug 1;32(8):664-71.
- Cortes-Vicente E, Alvarez-Velasco R, Pla-Junca F, et al. Drug-refractory myasthenia gravis: Clinical characteristics, treatments, and outcome. Annals of clinical and translational neurology. Feb 2022;9(2):122-131. doi:10.1002/acn3.51492
- Cortes-Vicente E, Alvarez-Velasco R, Segovia S, et al. Clinical and therapeutic features of myasthenia gravis in adults based on age at onset. Mar 17 2020;94(11):e1171-e1180. doi:10.1212/WNL.0000000000008903
- Damato V, Spagni G, Monte G, Scandiffio L, Cavalcante P, Zampetti N, Fossati M, Falso S, Mantegazza R, Battaglia A, Fattorossi A. Immunological response after SARS-CoV-2 infection and mRNA vaccines in patients with myasthenia gravis treated with rituximab. Neuromuscular Disorders. 2023 Mar 1;33(3):288-94.
- Damato V, Spagni G, Monte G, Woodhall M, Jacobson L, Falso S, Smith T, Iorio R, Waters P, Irani SR, Vincent A. Clinical value of cell-based assays in the characterisation of seronegative myasthenia gravis. Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry. 2022 Sep 1;93(9):995-1000.
- Farina A, Falso S, Cornacchini S, Spagni G, Monte G, Mariottini A, Massacesi L, Barilaro A, Evoli A, Damato V. Safety and tolerability of SARS‐Cov‐2 vaccination in patients with myasthenia gravis: A multicenter experience. European Journal of Neurology. 2022 Aug;29(8):2505-10.
- Mariscal A, Martínez C, Goethals L, Cortés-Vicente E, Moltó E, Juárez C, Barneda-Zahonero B, Querol L, Le Panse R, Gallardo E. Modified radioimmunoassay versus ELISA to quantify anti-acetylcholine receptor antibodies in a mouse model of myasthenia gravis. Journal of Immunological Methods. 2024 Nov 1;534:113748.
- Piehl F, Eriksson-Dufva A, Budzianowska A, et al. Efficacy and Safety of Rituximab for New-Onset Generalized Myasthenia Gravis: The RINOMAX Randomized Clinical Trial. JAMA neurology. Nov 1 2022;79(11):1105- 1112. doi:10.1001/jamaneurol.2022.2887
- Reyes-Leiva D, López-Contreras J, Moga E, Pla-Juncà F, Lynton-Pons E, Rojas-Garcia R, Turon-Sans J, Querol L, Olive M, Álvarez-Velasco R, Caballero-Ávila M. Immune response and safety of SARS-CoV-2 mRNA-1273 vaccine in patients with myasthenia gravis. Neurology: Neuroimmunology & Neuroinflammation. 2022 Jun 20;9(4):e200002.
- Reyes-Leiva D, López-Contreras J, Moga E, Pla-Juncà F, Lynton-Pons E, Rojas-Garcia R, Turon-Sans J, Querol L, Olive M, Álvarez-Velasco R, Caballero-Ávila M. Immune response and safety of SARS-CoV-2 mRNA-1273 vaccine in patients with myasthenia gravis. Neurology: Neuroimmunology & Neuroinflammation. 2022 Jun 20;9(4):e200002.
- Rose N, Holdermann S, Callegari I, et al. Receptor clustering and pathogenic complement activation in myasthenia gravis depend on synergy between antibodies with multiple subunit specificities. Acta Neuropathol. Nov 2022;144(5):1005-1025. doi:10.1007/s00401-022-02493-6
- Spagni G, Gastaldi M, Businaro P, Chemkhi Z, Carrozza C, Mascagna G, Falso S, Scaranzin S, Franciotta D, Evoli A, Damato V. Comparison of fixed and live cell-based assay for the detection of AChR and MuSK antibodies in myasthenia gravis. Neurology: Neuroimmunology & Neuroinflammation. 2022 Oct 21;10(1):e200038.
- Spagni G, Vincent A, Sun B, Falso S, Jacobson LW, Devenish S, Evoli A, Damato V. Serological Markers of Clinical Improvement in MuSK Myasthenia Gravis. Neurology: Neuroimmunology & Neuroinflammation. 2024 Sep 9;11(6):e200313.